LVM April 2025

Mitteilung Nr. 69 des Landesverbandes Nord im Deutschen Bühnenverein

V.i.S.d.P.: Geschäftsführer Dr. Joachim Benclowitz, Fachanwalt für Arbeitsrecht


 Nr. 69 April 2025


A. Aktuelles


I. Status- und befristungsrechtliche Fragen der Orchesteraushilfen


Orchesteraushilfen sind in jüngster Zeit durch die Beitragsprüfungspraxis der Deutschen Rentenversicherung Bund sowie der Rechtsprechung bei Befristungen in Frage gestellt worden. Dafür soll mit diesem Beitrag sensibilisiert werden.


  1. Status von Orchesteraushilfen

    Da es für das Beschäftigungsverhältnis von Orchesteraushilfen inzwischen schon fünf verschiedene (steuer-, sozialversicherungs-, arbeits-, autonome und eigenständige unionsrechtliche) Arbeitnehmerbegriffe und die Selbständigkeit gibt, hat diese Einordnung für die Bühnen und Orchester erhebliche Bedeutung.
    Regelmäßig werden Orchesteraushilfen als Krankheitsvertretungen und für Vakanzen benötigt. Da sinnvoller Weise diese an den Proben teilnehmen, werden sie ungeachtet entgegenstehender untergerichtlicher Entscheidungen aus Süddeutschland und insbesondere der Informationsschrift Nr. 9 zur Künstlersozialabgabe der Künstlersozialabgabe der Künstlersozialkasse (dort insbesondere 2.2 Gastspielverpflichtete Künstler, letzter Absatz), das diese als Selbständige einordnet, von der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) als Beschäftigte betrachtet, für die Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten sind. Unter Berufung auf die Grundsatzentscheidung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 14. März 2018 – B 12 KR 3/17 – Rn. 16), in dem bei einem Opernchorsänger ausdrücklich auf fehlende Proben hingewiesen wurde, sind zumindest an den Tagen der Veranstaltungen und Proben Beiträge als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte zu entrichten. Dies kann neben einer erheblichen Nachzahlung für bis zu vier Jahren auch zu straf- und ordnungswidrigkeitsrechtlichen Verfahren mit entsprechenden Bußgeldern führen.
    Die deutliche und auch politisch gewollte Tendenz zu einem umfassend sorgenden Sozialstaat, eine Selbständigkeit nur in eindeutigen Fällen von international renommierten und namhaften Solokünstlern anzuerkennen, zeigt sich hieran sowie z.B. in dem Abschnitt zur Rente (Zeilen 255 bis 257) im Sondierungspapier von CDU, CSU und SPD als künftigen Koalitionspartnern vom 8. März 2025, wonach künftig alle neuen Selbständigen, die keinem obligatorischen Alterssicherungssystem zugeordnet sind, in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden sollen.

  2. Befristete Beschäftigung von Orchesteraushilfen 

    Bekanntermaßen kann nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Tarifvertrag für die Musiker in Konzert- und Theaterorchestern (TVK) mit einem Musiker ein befristetes Probearbeitsverhältnis von bis zu 18 Monaten abgeschlossen werden. Dies entspricht der tariflichen Ausgestaltung des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG, der als Sachgrund anerkennt, wenn die Befristung zur Probe erfolgt.
    Im entschiedenen Fall beim Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg (Urteil vom 6. März 2025 – 3 SLa 49/24 -, n.v.) hat das Gericht die vorangehende 20monatige Tätigkeit als Orchesteraushilfe in der ersten Violine auf die Zeit der Erprobung nach erfolgreichem Probespiel (nach der Probespielordnung) aber verlorener Abstimmung über die Dauerbeschäftigung als zweite Violine mit der Folge angerechnet, dass eine Beschäftigung auf Dauer anerkannt wurde. Auf die Unterschiede zwischen der eher führenden ersten Violine und der überwiegend begleitenden zweiten Violine sowie die besondere Beobachtung und Begleitung in der Zeit der Erprobung wegen der Tragweite einer Daueranstellung, ist das Gericht nicht eingegangen. Es hat ganz anders als die erste Instanz die Anforderungen an die erste und zweite Violine als gleich angesehen. Insbesondere berücksichtigte das Gericht direkt die Erwägungen in einem sehr ähnlichen Fall beim Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 25.10.2017 – 7 AZR 712/15 –), bei dem es jedoch um eine insgesamt 16 ½monatige Vorbeschäftigungszeit einer ersten Violine ging, die dann befristet für 12 Monate zur Erprobung beschäftigt wurde und trotz nicht bestandener Abstimmung nach der Probespielordnung eine Dauerbeschäftigung erhielt. Ohne die Möglichkeit der Revision beim Bundesarbeitsgericht einzuräumen, entfaltet diese Entscheidung über den Einzelfall hinaus Wirkung.
    Für die Praxis der Beschäftigungsverhältnisse von Orchesteraushilfen ist die Tragweite dieser Entscheidung erheblich.
    Rechtssicher lässt sich nach dieser Rechtsansicht keine Orchesteraushilfe mehr als Krankheitsvertretung oder für eine Vakanz beschäftigen, wenn sich diese möglicherweise später auf eine ausgeschriebene Stelle bewirbt. Eine befristete Beschäftigung zur Erprobung (§ 3 Abs. 2 TVK) wäre – schon gar nicht bis zur Höchstdauer von 18 Monaten - aufgrund der anzuerkennenden Vorbeschäftigungszeit nicht mehr möglich. Da die über § 57 TVK zu beachtenden Probespielordnungen – ungeachtet ihrer Rechtsqualität - nur das Verhältnis des Arbeitgebers zum Orchester betreffen, werden davon die Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien nicht berührt (BAG, o.g. Urteil vom 25.10.2017; Rn. 18).  Damit ist die grundrechtliche Dimension der Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG bei der Auslegung des TVK unbeachtet geblieben. 
    Dass eine vorangehende Aushilfsbeschäftigung im Orchester nicht einfach auf die ganz anders geartete Probezeit nach einem Probespiel mit dem Ziel der Dauerbeschäftigung auf eine ausgeschriebene Stelle zu vergleichen ist, wird auch durch die von den Tarifvertragsparteien in § 3 Abs. 1 Buchst. a TVK seit 1. Oktober 2019 getroffene Regelung gestützt, wonach der nach § 14 TzBfG erforderliche Sachgrund der Befristung bis zur Wiederbesetzung einer Stelle eingefügt wurde.
    Die Anerkennung einer Dauerbeschäftigung nach einer Erprobungszeit unter Anrechnung jeder Vorbeschäftigungszeit (unabhängig von der Dauer) begegnet auch rechtsdogmatisch erheblichen Bedenken. Die nach § 3 Abs. 2 TVK erlaubte Befristung der Beschäftigung von Musikern zur Erprobung ist eine solche mit Sachgrund. Demgegenüber führt eine Vorbeschäftigung bei Beschäftigungen ohne Sachgrund nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG, da unwirksam, zu einer Dauerbeschäftigung. 
    Es bleibt zu befürchten, dass auch die Zeiten der Tätigkeit von Musikern in Orchesterakademien, wobei diese Musiker nicht als Beschäftigte sondern eher als Praktikanten anzusehen sind, auf dieser Linie der Rechtsprechung einer Orchesteraushilfe ähnlich wird und ebenfalls als Vorbeschäftigungszeit gleich zu einer Daueranstellung führt.  

II. Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung im Orchester


Ausgangspunkt für eine Teilzeitbeschäftigung ist zunächst § 8 Abs. 4 TzBfG:

„§ 8 Zeitlich nicht begrenzte Verringerung der Arbeitszeit

(4) 1Der Arbeitgeber hat der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen und ihre Verteilung entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers festzulegen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. 2Ein betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. 3Die Ablehnungsgründe können durch Tarifvertrag festgelegt werden.“

Die Teilzeitbeschäftigung im Orchester wird in § 3 Abs. 3 TVK und der Protokollnotiz dazu geregelt. Als Maßgaben dafür haben die Tarifvertragsparteien vorgesehen, zum einen die Gesamtzahl an Teilzeitbeschäftigten auf 25 vom Hundert der im Haushaltsplan für die Musiker ausgebrachten Planstellen (§ 17) zu begrenzen und zum anderen abhängig von ihrer Anzahl als Instrumentengruppe eine Beschränkung vorzusehen.

Für einzelne Instrumente wie Harfe, Tuba und Pauken ist bewusst keine Gruppe gebildet worden und damit eine Teilzeitbeschäftigung nicht vorgesehen. 

​Als Instrumentengruppe im Sinne dieser Protokollnotiz gelten die in der Protokollnotiz Nr. 1 zu den Absätzen 2 und 7 des § 17 genannten Gruppen. Im Einvernehmen mit dem Orchestervorstand können Planstellen in einzelnen Instrumentengruppen auch über die in Satz 2 festgelegten Kontingente hinaus in Teilzeit besetzt werden.

In dem vom Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein entschiedenen Urteil (vom 04.12.2024 – 6 Sa 211 öD/24 – n.v.) und wegen der laufenden Revision zum BAG noch nicht rechtskräftigen Fall standen sowohl betriebliche als auch künstlerische Belange dem auf § 8 TzBfG gestützten Teilzeitverlangen der Harfenistin entgegen.

Eine regelmäßige Zweitbesetzung der Harfe ist unwirtschaftlich und beeinträchtigt im Falle einer Teilzeitbeschäftigung die betrieblichen Belange wesentlich. Zur Konkretisierung der nach § 8 Abs. 4 Satz 1 und 2 TzBfG genannten betrieblichen Gründe folgt die Protokollnotiz zu § 3 Abs. 3 TVK der von der Rechtsprechung anerkannten sog. Überforderungsregel (BAG, Urt. v. 27.04.2004 – 9 AZR 522/03 – Rn. 62f.). Die tarifliche Regelung ist nicht lückenhaft, da sich die Tarifparteien bewusst entschieden haben, dass in den Instrumentengruppen mit nur einer Planstelle keine Teilzeit möglich sein soll. Dies ergibt sich aus dem tariflichen Zusammenhang. Diese Entscheidung der Tarifvertragsparteien, die diese in Ausübung der ihnen gemäß Art. 9 Abs. 1 GG gewährten Tarifautonomie bei der Normsetzung des Tarifvertragsgesetzes ausgeübt haben, ist von den Arbeitsgerichten zu respektieren.


Auf die ebenfalls wesentlich beeinträchtigten künstlerischen Belange brauchte bei dieser Rechtslage dann nicht mehr eingegangen zu werden. Der Vollständigkeit halber sei hierzu ausgeführt:


Da Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG auch die künstlerischen Vorstellungen schützt, ist der Normsetzungswille der Tarifvertragsparteien zu beachten, wie er in den Tarifvertragsregelungen und redaktionellen Anmerkungen seinen Niederschlag gefunden hat. Die Tarifvertragsparteien, wie aus dem tariflichen Zusammenspiel von § 3 Abs. 3 TVK und § 17 TVK folgt, haben zur Sicherung der künstlerischen Qualität der Orchester eine Beschränkung der Teilzeitmöglichkeit normiert.
Da die Position der Harfe im Orchester ein Alleinstellungsmerkmal besitzt, das in seiner Bedeutung und seiner spezifischen Funktion nicht mit anderen Instrumentengruppen vergleichbar ist, prägt es den Gesamtklang des Orchesters in entscheidendem Maße mit. Ein häufiger Wechsel auf der Position der Harfe würde Unruhe in den homogenen Klangkörper bringen. Die Harfe spielt als verbindendes Element wichtige Überleitungen in etlichen Opernwerken zum nächsten Gesangspart.
Schließlich gebietet auch der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz keinen Anspruch auf eine Teilzeitbeschäftigung für das Instrument der Harfe. Zum einen lässt sich ein Musiker der Harfe nicht mit anderen Orchestermusikern der Instrumentengruppe der Ersten Violine und Oboen vergleichen, für die nach der Protokollnotiz zu § 3 Abs. 3 TVK Teilzeitmöglichkeiten vorgesehen sind. Zum anderen ist auch hierbei der Wille der Tarifvertragsparteien, keine Teilzeit für die Musiker der Harfe vorzusehen, zu respektieren.


III. Widerruf der Beschäftigung des Konzertmeisters im Orchester 


In einem rechtskräftig entschiedenen Fall vor dem Thüringischen Landesarbeitsgericht (Urteil vom 5. März 2024 – 1 Sa 391/22 – umfangreich zitiert von Bolwin/Sponer zu § 20 TVK, Rn. 16) ging es um den Widerruf einer Tätigkeitszulage und damit der Beschäftigung als 1. Konzertmeister.

Arbeitsvertraglich war die Anwendbarkeit des Tarifvertrags für die Musiker in Konzert- und Theaterorchestern (TVK) vereinbart. Der Widerruf einer Tätigkeitszulage ist in § 20 Abs. 1 Satz 3 bis 5 TVK geregelt:

„§ 20 Tätigkeitszulagen

(1)… 3  Der Arbeitgeber kann die Übertragung jederzeit widerrufen, ohne dass es einer Kündigung bedarf. 4Der Widerruf bedarf der Schriftform. 5 Er ist unwirksam, wenn er aus Gründen erfolgt, die nicht in der Leistungsfähigkeit oder der sonstigen Eignung des Musikers liegen.“

Ausgangspunkt ist dafür die arbeitsvertraglich übertragene bestimmte Tätigkeit, im Streitfall war dies die Tätigkeit als 1. Konzertmeister. Nach dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 Satz 5 TVK ist der Widerruf unwirksam, wenn er aus Gründen erfolgt, die nicht in der Leistungsfähigkeit oder der sonstigen Eignung des Musikers liegen. Den Regelfall der Wirksamkeit des Widerrufs muss der beweisbelastete Musiker damit überzeugend erschüttern, dass er als 1. Konzertmeister leistungsfähig und geeignet ist. Liegen hingegen konkrete und deutliche Defizite der erforderlichen Führungsposition als 1.Konzertmeister durch unruhestiftendes, nicht kommunikatives und unmotiviertes Verhalten vor, schließt dies dessen Eignung aus. Die Defizite können insbesondere von den Orchestervorständen und Kapellmeistern festgestellt und sollten vom Arbeitgeber abgemahnt werden.

Ein 1. Konzertmeister ist als Führungsposition Bindeglied zwischen Dirigent und Orchester, Motivator und Kommunikator, der nicht nur die Gruppe, sondern den gesamten Streichapparat technisch, musikalisch und motivierend anleiten muss. Hinzukommen muss die Fähigkeit, über die Gruppe der Streicher hinaus das gesamte Orchester spieltechnisch, musikalisch phrasierend und energetisch zusammen zu halten.

Demgegenüber fehlen diese Führungsqualitäten, wenn der Musiker mangelhaft vorbereitet die Probenarbeit behindert und die Kommunikation in Form von unfreundlichen, demotivierendem und unkollegialem Auftreten gegenüber Vorgesetzten und Kollegen erfolgt und eine Zusammenarbeit mit ihm nicht lösungsorientiert und konstruktiv ist. 

Der Widerruf der Tätigkeitszulage und damit der Beschäftigung als 1. Konzertmeister ist keinesfalls willkürlich, wenn die Leistungsfähigkeit oder die Eignung aufgrund von gezeigten Defiziten an dieser Position fehlt.


B. Rückblick auf die Veranstaltung Künstliche Intelligenz in der Theaterpraxis im Februar 2025


I. Das Seminar beinhaltete folgende Vorträge:


1. Theater mit KI: Warum wir keine Angst vor der Maschine haben müssen


Man kommt gerade wenig durch die deutschsprachige Medienlandschaft, ohne am Thema KI vorbeizumüssen. Enthusiastisch als genereller Heilsbringer von Einigen gefeiert, von anderen verteufelt als Vorbote dystopischer menschlicher Unterjochungsszenarien, ist KI vor allem eins: ein Werkzeug, und zwar eines, das in vielen Theatern bereits experimentell erprobt wird. Ob Stücktext mit ChatGPT, Bühnenbildprojektionen mit Stable Diffusion, Dramatiker:innen-Chatbot oder Regie-KI, die Möglichkeiten für Theater sind endlos und manch-mal zwingend, manchmal vielleicht nicht ganz so.

Wie aber dieses Werkzeug nun genau funktioniert, wie verschiedene Theater es gerade in der Kunst einsetzen und was man damit eigentlich noch so alles tun könnte, beleuchtet Tina Lorenz mit vielen Praxisbeispielen.

Referentin: Tina Lorenz, Leiterin des Hertzlab am ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe


Wer ist Urheber der KI? Die Maschine oder der Mensch?


Nach Inkrafttreten der EU-Verordnung für künstliche Intelligenz (KI) steht ein Rechtsrahmen für den Einsatz von KI bei Theatern und Orchestern.

Herausforderungen beim Einsatz von KI (z.B. ChatGPT u. a.) nach dem Urhebergesetz (UrhG):

▪ Was schützt das UrhG?

▪ Wer ist Inhaber?

▪ Wie können Theater und Orchester KI-Vorteile nutzen und gleichzeitig Rechte und Interessen von Künstlern, Konsumenten und Entwicklern schützen?

▪ Welche Chancen ergeben sich für den Einsatz von KI bei den Live-Veranstaltungen von Theatern und Orchestern?

▪ Welche Persönlichkeits- und Verwertungsrechte bestehen?

▪ Wie werden KI-generierte Inhalte und Nachbearbeitungen urheberrechtlich behandelt (Lizensierung und Verwertung)?

▪ Welche Anforderungen bestehen an KI-basierte Befehle (Prompts)?

▪ Welche Implikationen ergeben sich für das Urhebervertrags- und Verlagsrecht?

Fragen:

▪ Wie können Theater und Orchester KI-Vorteile nutzen und gleichzeitig Rechte und Interessen von Künstlern, Konsumenten und Entwicklern schützen?

▪ Welche Chancen ergeben sich für den Einsatz von KI bei den Live-Veranstaltungen von Theatern und Orchestern?

Exkurs:

Herausforderungen beim Einsatz von KI in der betrieblichen Praxis zum Diskriminierungs- und Datenschutz sowie zur betrieblichen Mitbestimmung anhand der Entscheidung des Arbeitsgerichts Hamburg vom 16.01.2024 (Az. 24 BVGa 1/24).

Referent: Prof. Dr. Jan Bernd Nordemann, Rechtsanwalt, Berlin


3. Digitale Co-Kreation: Generative KI als Werkzeug in Kultur-verwaltung und -kommunikation

In der praktischen Kulturarbeit muss KI weder Monster noch Muse sein – vielmehr kann sie als nützliches Werkzeug dienen. Dieser Workshop bietet eine Einführung in die Anwendung von Generativer KI in der Kulturverwaltung und -kommunikation. Im Mittelpunkt stehen konkrete Einsatzmöglichkeiten für die eigene Arbeit, effektive Prompting-Techniken sowie wertvolle Tipps zur Implementierung von KI-Tools im Team.

Referent: Finn Blug, Tech Editor, ada Learning GmbH, Düsseldorf

II. Mögliche rechtliche Folgen zum Einsatz von KI an Theatern und bei Orchestern


Ausgangspunkt für den Einsatz von KI an Theatern ist der Werkbegriff.

Da es für das Urheberrecht allein wesentlich die menschliche Schöpfung eines Werks gegenüber der KI überwiegen muss, sind beim KI-Einsatz möglichst persönliche Züge einzubringen und zu Beweiszwecken der Umfang an Prompts, Nachbearbeitungen und künstlerischer Prozesse eingehend zu dokumentieren.

Soweit durch den (umfangreichen) Einsatz von KI an Bühnen kein Urheberrecht an den Werken entsteht, folgt daraus auch kein (umfassender) Urheberrechtsschutz. Das Gleiche gilt für KI-generierte Leistungen von Schauspielern und Musikern.

Leistungsschutzrechte können bei KI-Schöpfungen zum Schutz von Investitionen, technischen Leistungen, organisatorischen Leistungen als Veranstalter führen, wenn die Leistung des ausübenden Künstlers nach § 73 UrhG geschützt ist.  

Nutzungsrechte an KI-Trainingsdaten sollten ab 2022 vertraglich eingeräumt werden. Für die Zeit davor kann das Theater die Nutzungsrechte durch seine Arbeitnehmer:innen erlangt haben.

Eigene Nutzungsrechte bestehen, wenn KI bei der Nachbesserung/Anpassung eigener Arbeiten eingesetzt wird.

Bei eingeschalteten Selbständigen ist ab 2023 die Rechteeinräumung ausdrücklich zu vereinbaren. Für Verträge davor (2008 bis 2022) bestehen Vergütungsansprüche für bei Vertragsschluss unbekannte Nutzungsarten (§§ 31a, 32c UrhG).

Die Nutzung von KI-Trainingsdaten ohne Rechte könnte die Text-Data-Mining Schranke erlauben (§ 44b Abs. 1 UrhG), ist aber noch offen.

Um eine Rechteverletzung durch KI-Output auch haftungsrechtlich zu verhindern, sollte vertraglich sichergestellt werden, dass ein (eigenes) Nutzungsrecht an KI-Trainingsdaten besteht.

Andernfalls ist KI-Output urheberrechtswidrig, wenn ein KI-System mit Werken trainiert wurde und diese im Output erkennbar sind.


1. Verträge mit Kreativen und Agenturen 

Wie dargestellt sollte mit Kreativen und Agenturen als Selbständigen vertraglich die Nutzungsrechte an KI-Trainingsdaten eingeräumt werden. 


Nur sicherheitshalber sollte in den Arbeitsverträgen neben dem Erwerb der Rechte an den Werken der Arbeitnehmer:innen auch der Erwerb der KI-Trainingsdaten geregelt werden.

  

2. Anpassung der Tarifverträge NV Bühne und TVK

Es ist abzuwarten, inwiefern der DBV im Rahmen der Tarifverhandlungen eine Nutzung von KI-Trainingsdaten sowie den Einsatz von KI im NV Bühne und TVK regelt (jeweils in § 8 NV Bühne und TVK).


3. Verträge mit Gastkünstlern beim Einsatz von KI an Bühnen

Vertragsgegenstand und Leistung des Gastkünstlers ist die Mitwirkung als Schauspieler einer Rolle in einem aufzuführenden Schauspiel.  


Da dies persönlich zu erbringende Leistungen sind, kommt hierfür der Einsatz selbst gelieferter oder generierter KI nicht in Betracht, die zudem keinen Urheberrechtsschutz erlangen (s.o.). Setzt eine Bühne KI für das Schauspiel ein, berührt dies nicht das Vertragsverhältnis zum Gast.

Verwendet der Gast Bild- und Biographiematerial von sich ohne das Urheber- oder Nutzungsrecht daran zu haben, muss die Bühne sicherstellen zu vermeiden, fremde Urheberrechte daran zu verletzen. Dazu könnte die bestehende Klausel klarstellend wie folgt ergänzt werden:

Auszug aus dem Muster eines Gastvertrages:


„§ 9 Bild- und Biographiematerial


Der Gast hat der Bühne für Werbe- und Informationszwecke ausreichend

eigenes Bild- und Biographiematerial über seine Person frei von

(Urheber-)Rechten Dritter zur Verfügung zu stellen.“


Soweit das Theater KI dazu einsetzt, Bildmaterial vom Gastkünstler in anderen Werken als zu dem vereinbarten zu nutzen, wäre dies nur im Bereich hochrisikoreicher KI-Anwendungen (z.B. Deepfakes) nach der EU-KI-Verordnung zu kennzeichnen.